Mario war nach dieser Nacht verschwunden. Wir waren alle betroffen. Mich traf es besonders, weil ich Mario gern mochte. Er war immer hilfsbereit, stand mir zur Seite, wie zuvor erwähnt, war ich mit Abstand der jüngste und wurde teilweise auch wegen meiner ländlichen Herkunft auf die Schaufel genommen. Aber mit seiner Hilfe konnte ich mich erfolgreich zur Wehr setzen.
Marios Verschwinden hinterließ Spuren.
Wolfgang vermisste ihn wegen des Umsatzes, er war der beste Verkäufer.
Christine stand am Fenster und schaute auf den Vorplatz, wo Mario am Vorabend noch seine schmerzlichen Lieder sang. Sie sagte mehr zu sich selbst als zu uns, Mario, ich habe dir doch zu verstehen gegeben, dass du meine Zuneigung nicht kaufen kannst. Und verdammt, ja, ich hätte die Geschenke nicht annehmen sollen.
Norbert, der Casanova, meinte, mach dir keinen Kopf. Er wird schon wieder. Ich hatte da nicht so ein gutes Gefühl.
Christine suchte weiterhin die Nähe von Wolfgang. Der blieb immer gleich, kümmerte sich ums Fahrzeug, organisierte die Tour. Doch er machte keine Anstalten, sich mit Christine ernstlich einzulassen. Schon bald wurde ihr klar, dass sie nun keine Unterstützung von anderen erwarten konnte. Sie musste ihr Leben selbst in die Hand nehmen.
Und es gab eine erstaunliche Wendung: Franzi, der Sir, hatte sich die Lieder zu Herzen genommen. Er duschte öfter und er verwendete Rasierwasser. Ein Spottlied bewirkte mehr als alle Regeln.
Norbert hatte weiterhin Stress mit den Frauen. Er floh von Stadt zu Stadt, doch das Problem blieb dasselbe, nur die Kulisse änderte sich. Christine hat die Gruppe verlassen, sie schaffte es nicht, für sich selbst zu sorgen. Sie fuhr wieder nach Hause zur Mama.
Eines Tages beschlossen wir nach München zu fahren, um dort unsere Disney-Helden an den Mann zu bringen. Mit wenig Geld ein Quartier zu finden, war nicht so einfach. Also grasten wir die Umgebung von München ab und wir fanden eine leistbare Unterkunft.
Es war ein Gasthof, in den wir gegen 22 Uhr einzogen und kurz nach 23 Uhr wieder hinausflogen.
Unser Problem war Norbert und ein hübsches Dienstmädchen, das im gleichen Stockwerk ihr Zimmer hatte.
Schon als wir unser Vierbettzimmer bezogen, fielen mir die vielen religiösen Symbole und Darstellungen auf. Warum ich dabei ein ganz schlechtes Gefühl hatte, zeigte sich, als Norbert nicht auf dem Zimmer war. Er, der Casanova, hatte nichts anderes zu tun, als sofort an der Zimmertür von dem Mädchen zu klopfen. Das hörte der Wirt, ein Bär von einem Mann, tief religiös, Vollbart und mit Lederhose, wie ich mir einen echten Bayern halt vorstellte. Er hatte wohl selbst ein Auge auf das Mädchen geworfen. Der nahm sich Norbert zur Brust. Wir im Zimmer hörten nur, wie Norbert vor die Tür gesetzt wurde. Kurz dachten wir, geschieht ihm recht, aber nur solange, bis wir auch vor die Tür gesetzt wurden.
Wir fuhren dann in der Gegend herum, um ein Quartier zu finden, und zu allem Überfluss ging uns der Sprit aus. So blieb uns nichts anderes übrig, als im Auto zu nächtigen. Gegen fünf Uhr morgens klopfte es an der Scheibe, draußen zwei Polizeibeamte. Mit strenger Miene wollten sie wissen, was wir da wohl tun? Nachdem wir erzählt hatten, was uns widerfahren war, lachten sie, und als wir sie scherzhaft gefragt hatten, ob sie Norbert nicht in Schutzhaft nehmen könnten, weil er doch so große Probleme mit den Frauen hatte, bogen sie sich vor Lachen.
Inzwischen ist die Sonne aufgegangen. Ich fragte, wo man in der Nähe tanken könnte. Meinten sie lachend: Komm, steig ein, wir bringen dich hin. Sie brachten mich mit einem Reservekanister zu einer Tankstelle und wieder zurück zum Auto. Hilfsbereit, wie sie waren, zeigten sie uns noch in der Nähe eine Herberge. Einfach eingerichtet, aber sauber und günstig.
Und Norbert bekam von den Beamten noch den Rat, er sollte es mit den Frauen nicht übertreiben.
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